Der Däne Emil Christian Hansen wurde 1842 in der Stadt Ribe geboren und gilt als Revolutionär in der industriellen Bierbrauerei. Dank ihm trinken heutzutage Millionen Menschen das berühmte deutsche Bier, das nach dem „deutschen Reinheitsgebot“ gebraut wurde. Als Hansen 40 Jahre alt war, entdeckte er eine Methode der Hefereinzucht und konnte somit die Produktion des Bieres auf den Kopf stellen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es nämlich die sogenannte „Bierkrankheit“. Das heißt, dass das Gebräu völlig willkürlich zerstört wurde und niemand hatte eine Ahnung, woran es gelegen hat. Dank Emil Christian Hansen konnte die „Bierkrankheit“ nach und nach weltweit ausgemerzt werden.
Der Däne wuchs mit einer Waschfrau als Mutter und einem arbeitslosen Alkoholiker als Vater auf. Dieser hatte zuvor bei der französischen Fremdenlegion gedient und vagabundierte anschließend umher, da er nicht mehr in ein geregeltes Leben zurückfand. Das einzige, was sein Vater ihm mit auf den Weg gegeben haben soll, war der Satz „Der Mensch kann alles erreichen, was er nur will.“ Mit dieser Weisheit im Hinterkopf machte sich Emil Christian Hansen auf den Weg, um zu studieren. Der einfache gelernte Malergeselle machte erst spät, mit 29 Jahren, Abitur und wandte sich anschließend ehrgeizigeren Gefilden, nämlich der Mikrobiologie an der Universität von Kopenhagen zu. Das Studium der Naturwissenschaften hat er durch das Schreiben von zahlreichen Novellen finanziert.
Ein paar Jahre nach Beginn des Studiums und nach seinem Abschluss gelangte er dann ins Laboratorium von Carlsberg, wo er zwei Jahre nach seiner Anstellung zum Leiter der Einrichtung ernannt wurde. Durch sein dortiges Auftauchen sorgte Hansen dafür, dass die Bierkrankheit das letzte Mal 1883 in Carlsberg eine Gärung zerstörte. Denn seine wichtigste Entdeckung machte er in diesem Jahr: Die Hefe, die zum Bierbrauen verwendet wurde, bestand damals aus zwei Arten von Pilzen, aus wilder Hefe und Kulturhefe. Und die sogenannte wilde Hefe war die ausschlaggebende Ursache für die Bierkrankheit. Denn sie war unberechenbar und nicht kontrollierbar und somit war es ein absoluter Zufall, ob eine Gärung funktionierte oder nicht. Ganz im Gegensatz zur Kulturhefe. Der Forscher hat einzelne Zellen der Kulturhefe isoliert und somit den Weg zum deutschen Reinheitsgebot geebnet.
Der Hefe, die er erstmals 1883 herausfilterte, hat Emil Christian Hansen den Namen Saccharomyces carlsbergensis gegeben. Während der Forschung für die heute als Bierhefe bekannte Zucht, schaute sich der Däne auch Essigsäurebakterien genauer an und fand als erster die heute als Acetobacter pasteurianus bekannte Art heraus. Dafür nahm die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften, ihn im Jahr 1887 als Mitglied auf.
Auch wenn Emil Christian Hansen als Revolutionär auf dem Gebiet der Bierhefe gilt, hat bereits vor ihm ein anderer einen großen Schritt in Richtung Reinheit beim Alkohol gemacht. Louis Pasteur, ein französischer Forscher, fand heraus, dass Wein sich länger hält, wenn man ihn erhitzt. Heutzutage ist das Verfahren als Pasteurisierung bekannt, wie man es auch bei Milch beispielsweise anwendet. Nach seinen Erfolgen in der Weinforschung, beschäftigte sich Pasteur auch mit dem Bierbrauen.
In Frankreich wurden deutsche Biere nach dem Krieg immer beliebter und er wollte französisches Bier genauso gut machen wie deutsches. Bereits zu diesem Zeitpunkt war Louis Pasteur klar, dass die richtige Art der Hefe ausschlaggebend für gutes Bier war. Er veröffentlichte eine Studie, in der er belegt, dass bei der Herstellung von Wein, Bier und anderen Alkoholen, eine reine Hefe absolut notwendig sein müsse. Sonst würde es immer willkürlich bleiben, ob ein Alkohol gärt oder nicht. Er entwickelte sogar eine Methode, die die Hefe besser und sauberer machen sollte. Doch diese schlug fehl, weshalb die Hefe nach wie vor das Bier verunreinigte. Die Bierkrankheit war immer noch gegegeben. So gesehen hatte der Franzose Louis Pasteur zwar die richtige Idee, aber keine Möglichkeit gefunden, diese auch intelligent und wirkungsvoll umzusetzen.
Dafür brauchte es dann den Dänen Emil Christian Hansen. Dieser hat zu Lebenszeiten über 90 Werke veröffentlicht. Neben Novellen schrieb er auch ein Buch mit dem Titel „Die Organismen im Bier und Grut“. Auch viele andere seiner Publikationen handelten von verschiedenen Hefearten und deren Zusammensetzung. Das wichtigste Geheimnis, das er darin mit der Nachwelt teilte: Nur einen Hefestamm soll man für die Bierhefe verwenden. So wurde die neue Hefesorte stabiler als ihre Vorgängerinnen und konnte weltweit die Bierkrankheit verschwinden lassen. Die Hefe ist für den Geschmack und den Anteil an Alkohol eines Bieres verantwortlich.
Durch die Hefe beginnt die Bierwürze innerhalb des Bräus zu gären. So entstehen aus dem zugefügten Malzzucker Kohlensäure und Alkohol. Das heißt ohne die Hefe gäbe es keine Gärung und somit keinen Alkohol und somit auch kein Bier. Das beliebteste alkoholische Getränk der Deutschen wäre somit vielleicht niemals oder erst sehr viel später entdeckt worden. Beziehungsweise stabil gemacht worden.
Die Hefe vermehrt sich während des Brauens von selbst und gilt somit als der wirtschaftlich sinnvollste Anteil des Bieres. Denn nicht nur, dass sie sich selbst vermehrt, wenn sie einmal hinzugefügt worden ist. Die bereits genutzte Hefe, die für die Herstellung verwendet wurde, kann gereinigt und wiederverwendet werden. Dadurch ist sie der günstigste Bestandteil im Bier. Seit Emil Chistian Hansen die Reinzuchthefe entdeckt und isoliert hatte,kann eine gleichbleibende Bierqualität garantiert werden.
Bei den Brauweisen unterscheidet der Bierbrauer noch heute zwischen unter- und obergärigen Heferassen. Untergärige Heferassen setzen sich beim Gären am Boden ab, obergärige, wie der Name schon sagt, oben. Dadurch können die vielen unterschiedlichen Biersorten weltweit entstehen. Außerdem spielt die Temperatur eine entscheidene Rolle bei der Auswahl der Heferasse. Früher nutzten die Brauer größtenteils die obergärige Methode, da sie bei Temperaturen zwischen 15 und 20 Grad Celsius stattfinden kann. Und das war zu einer Zeit ohne industrielle Kühlmöglichkeiten nunmal die gängigste Temperatur. Die untergärige Hefe benötigt kühlere Temperaturen, um zu gären. Bevor es Kühlschränke und Kälteerzeuger gab, konnte sie deswegen nur in Gegenden und Jahreszeiten genutzt werden, in denen die Menschen Eis zur Verfügung stehen hatten. Nur so konnte eine ausreichende Kühlung gewährleistet werden. Als Kühlschränke und Kältemaschinen auf den Markt kamen, wurden untergärige Biere immer beliebter. Beispiele für diese Heferasse sind Pils, Export und Märzen. Aber noch immer gibt es obergärige Biere, denn sonst würden Klassiker wie Kölsch, Alt, Berliner Weiße und Weizen nicht auf den Speisekarten zahlreicher Biergärten des Landes und der Welt stehen.
Emil Christian Hansen hat durch die Isolation der Bierhefe den Durchbruch geschafft. Außerdem bekannt wurde er in der Milchwirtschaft durch seinen Weg, diese zu pasteurisieren. Zudem hat er sich bis zu seinem Tod mit der Herstellung von hygienisch einwandfreiem standardisierten tierischen Labsorten für den Käse befasst. Diese Methode stellte er auf der Molkereiausstellung in Gdansk vor und erhielt dafür zahlreiche Preise und Auszeichnungen.
Wäre der junge Malergeselle nicht so ehrgeizig gewesen, hätte er vielleicht den gleichen Weg wie sein Vater eingeschlagen. Und hätte das Bier eher getrunken als revolutioniert.