Der Hopfen ist neben Malz und Hefe der wichtigste Bestandteil des Bieres – es ist das „Grüne Gold“ schlechthin, dem bereits beim Anbau hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Erfahrung und kompetente Fachkenntnis bei der Zucht, beim Anbau und bei der Ernte sind Voraussetzungen um gute Erträge in optimaler Qualität zu erzielen. Der Hopfen ist für Deutschland als das führende Anbauland der Welt ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Gründung eines Hopfenforschungsinstitutes in der Hallertau, dem Zentrum des deutschen Hopfenanbaus, war daher eine folgerichtige Entscheidung.
Im Zuge der industriellen Revolution hat die Brauereiwirtschaft einen großen Strukturwandel erfahren. Neue Techniken wie die Dampfbefeuerung machten die Produktion effizienter, Kältemaschinen erlaubten eine längere Lagerung, Filter sorgten für ein rückstandfreies Bier und neue Erkenntnisse in der Mikrobiologie ermöglichten die Hefereinzucht. Nicht zuletzt trugen soziale Umwälzungen wie die Befreiung der Bauern, die seit dem 19. Jahrhundert ihre Felder selbständig bewirtschaften können, zur Expansion des Hopfenanbaus bei.
Von nun an konnte der Hopfen kultiviert und im großen Stil angebaut werden. Mit dem Ausbau der verkehrstechnischen Infrastruktur und mit Hilfe neuer Trocknungsverfahren waren die Hopfenbauern in der Lage, ihre Produkte auch auf internationalen Märkten anzubieten. Um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Pflanzer auf internationalem Parkett zu gewährleisten, stand im Hopfenforschungszentrum Hüll vor allem die Züchtung neuer Sorten von Beginn an im Fokus der Wissenschaftler.
In den Zeiten vor der Reichsgründung im Jahr 1871 war die Hopfungszüchtung nicht nur aufgrund natürlicher Grenzen wie Wälder und Flüsse eingegrenzt, sondern auch durch die Zersplitterung in Kleinstaaten. Durch diese Einschränkungen bildeten sich gebietstypische Hopfensorten heraus. Nach dem der politische Flickenteppich im Deutschen Reich aufging, konnte sich der Hopfenanbau ausdehnen, was zur Vereinheitlichung der Pflanzungen beitrug.
Vor der Zusammenführung der Flächen wurde der Hopfen durch Selektion gezüchtet. Bei dieser so genannten Auslesezüchtung konnten nur die Pflanzen verwendet werden, die im natürlichen Pflanzenbestand vorhanden waren.
Da der Hopfenanbau stark an die geografischen und klimatischen Verhältnisse gebunden ist, stand die Hopfenzucht vor neuen Herausforderungen. Erst ab 1907 begannen englische Forscher erstmalig den Hopfen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu züchten. Dabei handelte es sich um die Kreuzungszüchtung, die auf den Erkenntnissen der um 1900 entdeckten Vererbungslehre von Mendel basierte. Die wissenschaftliche Pflanzenzüchtung ermöglichte von nun an einen zielgerichteten und großflächigen Hopfenanbau.
Mit der Kultivierung des Hopfens hielten auch Schadorganismen Einzug in die Hopfenfelder. Zum ersten großen Befall kam es in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich eine Pilzkrankheit, der „Falsche Mehltau“, rasant ausbreitete und die Hopfenernte in der Hallertau nahezu vollständig vernichtete. Für die Region eine ökologische wie ökonomische Katastrophe. Der Ernteausfall drohte nicht nur die Existenz der Hopfenzüchter zu vernichten. Da die Hallertau das größte zusammenhängende Hopfenanbaugebiet der Welt ist, bedrohte der Pilzbefall die gesamte Brauereiindustrie. Für die Brauer und Hopfenbauern bestand dringender Handlungsbedarf. Sie erkannten schnell, dass das Pilzproblem nur durch gezielte Züchtungen erfolgreich gelöst werden kann. Auf ihre Privatinitiative hin wurde 1926 die Gesellschaft für Hopfenforschung ins Lebens gerufen. Der Verein wird von seinen Mitglieder getragen und erfährt dabei besondere Unterstützung seitens der Brauereien. Darüber hinaus wird der Verein vom Freistaat Bayern gefördert, der mit dem Forschungszentrum in den 1970er-Jahren einen Kooperationsvertrag einging. Inzwischen ist das Forschungszentrum in die „Abteilung Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung“ der “Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft“ integriert.
Das Institut, dass einst auf dem Gut Hüll angesiedelt war, wurde inzwischen zu einem großen Forschungszentrum ausgebaut. Die geografische Lage bietet dem Institut besondere Standortvorteile. Optimale Lichtverhältnisse und ausgezeichnete klimatische Bedingungen bieten dem Hopfen in der Hallertau ideale Wachstumsbedingungen, so dass die Forschungen problemlos vor Ort durchgeführt werden können.
Die Forschungseinrichtung kann darüber hinaus auf die Erfahrung der Hopfenbauern zurückgreifen, die auf eine über 200-jährige Tradition des Hopfenanbaus zurückblicken können. Die Konzentration von Erfahrung und Forschung ist einmalig auf der Welt und garantiert eine zielorientierte Zusammenarbeit. Die Hopfenbauern erfahren eine kompetente Beratung beim Anbau, bei der Zucht, der Düngung und bei der Bekämpfung von Schadorganismen. Im Zuge der Klimaveränderungen stehen die Forscher den Pflanzern auch mit Rat und Tat beiseite, damit sie auf die veränderten Umwelteinflüsse reagieren können.
Die Arbeit des Hopfenforschungszentrum ist weit gefächert und wird getragen von drei Säulen wie der Hopfenzüchtung, der Analyse der Hopfeninhaltsstoffe sowie diverser Maßnahmen gegen den Befall von Schadorganismen. Die Bekämpfung von Schädlingen und Pflanzeninfektionen, einst Anlass zur Gründung des Zentrums, hat bei der Forschung besondere Priorität.
Da der Hopfen eine sehr hohe Anfälligkeit für Schadorganismen aufweist, kann er ohne Pflanzenschutzmaßnahmen nicht in großem Umfang angebaut werden. Ein Hopfenbauer muss nahezu jährlich mit einem Befall von Schädlingen und Pilzen rechnen. Ziel ist es, Hopfensorten zu züchten und diese auf ihre Widerstandsfähigkeit hin zu analysieren. Neben der Bekämpfung der Schadorganismen sorgen die Forscher in Hüll aber auch für eine fachgerechte Prävention. Das Hopfenforschungszentrum hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, Prognosemodelle zu erstellen. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung sind die Wissenschaftler in Hüll in der Lage, anhand von Luftfeuchtigkeitsmessungen und der Analyse der Sporendichte Prognosen für einen möglichen Befall von Pilzen und Schädlingen zu ermitteln. So können Hopfenbauern nicht nur bei Befall ihrer Pflanzen beraten werden. Für den Fall einer potentiellen Gefahr werden die Hopfenbauern umgehend informiert und beraten, welche Gegenmaßnahmen in Betracht gezogen werden sollten. Da viele Schadorganismen Resistenzen entwickelt haben, erfahren die Pflanzer auch bei der Wahl des adäquaten Pflanzenschutzmittels kompetente Unterstützung. Durch die hervorragende Kooperation von Forschern und Pflanzern kann die Gefahr eines drohenden Schädlingsbefalls bereits im Vorfeld minimiert werden.
Neben der Prävention gegen Schadorganismen erhalten die Hopfenbauern eine umfassende und kompetente Unterstützung bei der Zucht, der Ernte und bei der Düngung. Da der beste Zeitpunkt der Ernte von Sorte zu Sorte divergiert, ist insbesondere diese Beratung von besonderer Relevanz. Die Pflanzer sind damit in der Lage, eine gute Ernte in optimaler Qualität zu erzielen. Darüber hinaus forschen die Wissenschaftler in Hüll über Trocknungs- und Konditionierungsverfahren, um die Brauqualität des Hopfens zu gewährleisten und zu verbessern.
Das Hopfenforschungszentrum in Hüll widmet sich bei seiner Forschung auch der Neuzüchtung. Um den Anforderungen der Moderne gerecht zu werden, entwickelten die Hopfenforscher im Laufe der Jahre Züchtungsmethoden, die auf den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. So können je nach Zielsetzung Hopfensorten gezüchtet werden, die dem Geschmack der Verbraucher, der Bodenbeschaffenheit und den klimatischen Verhältnissen gerecht werden. Zu den bekanntesten Züchtungen zählen die „Hallertauer Tradition“, „Hallertauer Taurus“, „Herkules“ oder die „Perle“.
Bei den Forschungsarbeiten wenden die Wissenschaftler in Hüll modernste Methoden an, wie die Biotechnologie und die Genomanalytik. Bei den genomanalytischen Methoden wird ein so genannter genetischer Fingerabdruck erstellt. Dabei werden Chromosomenbereiche in den Genomen u. a. auf ihre genetische Diversität bestimmt. Damit können zahlreiche Eigenschaften ermittelt werden, wie die Resistenz gegenüber Schaderregern. Da die Resistenzzüchtung in Hüll seit je her Priorität hat, ist gerade dieser Forschungszweig von besonderer Bedeutung.
Der dritte Forschungsschwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Analysemethoden. Ziel der Forschung ist hier, Inhaltsstoffe bei Neuzüchtungen zu ermitteln, wie Bitterstoffe oder ätherische Öle. Mit der Analyse können Neuzüchtungen charakterisiert werden, die für den Brauwert maßgeblich sind. Darüber hinaus werden Ringanalysen zur Qualitätssicherung durchgeführt.
Das Hopfenforschungszentrum in Hüll hat darüber hinaus auch ökologische Aspekte im Blick. Um die Belastungen für die Umwelt so gering als möglich zu halten, werden die Pflanzer über Art und Menge der Dünung und Pflanzenschutzmittel beraten. So wird das Grundwasser nicht belastet und die Rückstände an Nitrat und anderen Substanzen werden auf ein Minimum reduziert.
Aufgrund der steigenden Nachfrage nach biologisch angebautem Bier arbeiten die Forscher an umweltverträglichen Produktionsverfahren und nach alternativen Methoden zur Bekämpfung von Schadorganismen beim biologischem Hopfenanbau.
Das Hopfenforschungszentrum in Hüll arbeitet unabhängig und gibt seine wissenschaftlichen Erkenntnisse unmittelbar an die Hopfenpflanzer weiter. Die Nähe zu den Brauern und den Pflanzern erlaubt einen direkten Informationsaustausch zwischen Hopfenpflanzern und Forschern. Aufgrund der umfassenden Forschungsarbeit hat sich das Institut zu einem renommierten Kompetenzzentrum für Hopfen etabliert, das weltweite Anerkennung findet. Seit seines Bestehens steht das Institut ganz im Dienst der Produzenten und der Verbraucher. Mit der Forschung rund um den Hopfen das hat Hopfenforschungszentrum Hüll maßgeblich zum Ruf des deutschen Bieres beigetragen.