Am 11. Juni 1842 wurde der berühmteste Sohn des bayrischen Ortes Bernsdorf geboren: Der erfolgreiche Erfinder, Ingenieur und Unternehmer Carl Paul Gottfried Linde. Der Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrhauses von Berndorf ist mit der Geschichte des Biergenusses und der modernen Brauereikultur untrennbar verbunden, denn er entwickelte 1876 ein besonderes Verfahren, welchem wir letztlich die moderne Kühltechnik und damit natürlich auch Kühlschränke verdanken. Carl von Linde hat die Brauereikultur mit seiner revolutionären Erfindung so einschneidend verändert wie nur wenige andere Persönlichkeiten der Geschichte.
Werdegang eines Erfinders
Die Schule, welche Carl Linde nach dem Umzug seiner Familie nach Kempten im Allgäu bis zum Abitur besuchte, ist inzwischen nach ihm benannt. Damals war der junge Mann häufiger Gast in der örtlichen Aktienbaumwollspinnerei, wo in ihm offenbar der Wunsch wuchs, sich dem Ingenieurswesen zuzuwenden. So ging er dann nach dem Abschluss seiner Schulzeit 1861 nach Zürich, um am dortigen Polytechnikum ein Studium zu beginnen. Dieses konnte der engagierte angehende Erfinder jedoch nie abschließen, denn drei Jahre nachdem er sich eingeschrieben hatte, wurde er wegen der Teilnahme an einem Studentenprotest zwangsweise exmatrikuliert.
Nachdem ihm einer seiner früheren Lehrer, der Ingenieur Franz Reuleaux, eine Lehrstelle in einer Baumwollfabrik in Kottern vermittelt hatte, zog es Linde bald nach München. Dort übernahm der junge Mann die Leitung des Konstruktionsbüros der Lokomotivenfabrik Krauss. Mit gerade einmal 26 Jahren folgte der Mann, den man zwei Jahre zuvor der Hochschule in Zürich verwiesen hatte, im Jahr 1866 schließlich einem Ruf der Polytechnischen Schule München und wurde Professor für Maschinenbau. In dem von Linde an der Hochschule eingerichteten Maschinenlabor wurde später unter anderem auch Rudolf Diesel ausgebildet.
Die Kühlmaschine: Ein Segen für die Brautechnik
Nach fünf Jahren in München veröffentlichte Linde 1871 einen Aufsatz, der für viele Brauereien bereits sehr interessant war. Kein Wunder, denn er schrieb über verbesserte Verfahren der Kältetechnik. Den Brauereien war dieses Thema besonders wichtig, denn wenn sich das Problem der Kühlung endlich in den Griff bekommen ließe, wären die Probleme der Lagerung und Produktion während des Sommers nicht nur einfacher zu meistern, man könnte auch ganzjährig untergärige Biere anbieten. 1873 fand Linde einen Anreiz, weitere Arbeit in die Kühltechnik zu investieren: Ein Preisausschreiben, bei welchem der Bau einer möglichst effizienten Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin gefordert wurde. Linde konstruierte eine Anlage, mit welcher er Bierbrauern ermöglichen konnte, den empfindlichen Gärungsprozess bei konstant niedrigen Temperaturen durchzuführen.
Seine erste Kältemaschine arbeitete zunächst noch mit Methyläther, 1873 bis 1876 erarbeitete der Erfinder aber einen Apparat, welcher mit Ammoniak als Kältemittel arbeitete. Bierbrauer aus ganz Europa meldeten ab 1877 Interesse an seiner „Kompressions-Kältemaschine“ an, darunter auch Heineken und Carlsberg. Das Interesse der Brauereien an einer Technik, welche konstante Temperaturen nahe des Gefrierpunktes bereitstellen konnte, war nicht weiter verwunderlich. Denn längst war bekannt, dass es zur Herstellung eines wohlschmeckenden untergärigen Bieres Temperaturen zwischen 4 und 10 Grad Celsius braucht. Vor Lindes genialer Erfindung war ganzjähriges Brauen daher eine große Herausforderung. Große Mengen an Eis wurden zu diesem Zweck in tiefe Keller und Höhlen transportiert, meist wurde jedoch nur im Winter gebraut. Die erste Eiskühl-Anlage wurde 1860 in Hannover aufgestellt und funktionierte mit Natureis.
Es war sehr schnell klar, dass Lindes Kühlmaschine nicht zuletzt aufgrund des Bedarfs der Brauereien ein Erfolg werden würde. Bereits 1871 erprobte die Münchener Spaten-Brauerei versuchsweise eine der ersten Kältemaschinen Lindes, zwei Jahre später wurde bereits das erste Patent angemeldet. So gab Carl Linde am 21. Juni 1879 schließlich sein Lehramt an der Polytechnischen Schule München auf, um gemeinsam mit anderen Unternehmern in Wiesbaden eine Firma zu gründen, welche seine Maschinen herstellte: Die Gesellschaft für Linde’s Eismaschinen Aktiengesellschaft. Die anderen Gesellschafter, darunter zwei Brauer, brachten das notwendige Kapital ein, Linde brachte seine Erfindungen und Patente mit. Schnell war die Firma der europaweite Spitzenanbieter von Kühltechnik.