Der Traum von der Münchner Brauerei

November 06, 2023Nour Maarouf

Tilmann Ludwig gründete am 23.04.2014 seine Firma Tilmans Biere und schreibt seit damals eine Erfolgsgeschichte. Als Diplombraumeister der TUM kannte ich Til noch vom Campus und aus seiner Studienzeit und bin heute mehr als beeindruckt, was seit damals bei ihm so passiert ist. Ich führte im Rahmen des Münchner Craftbierfestes ein Gespräch mit ihm über seine Biere, Craft-Bier in Deutschland und wo er auch mal einen Schlußstrich ziehen würde.

 

Wie würdest du dich in 3 Sätzen jemanden vorstellen, der dich noch nicht kennt?

Grüß dich, ich bin der Til. Ich bin Braumeister und braue seit grob zwei Jahren unkonventionelle Biere in verschiedenen Brauereien im Münchner Umland. Wir können uns gerne darüber unterhalten, aber erst musst du sie probieren!

Warum bist du Brauer geworden bzw. warum hast du deine Brauerei gegründet?

Da ich leider nicht in eine Brauerei-Dynastie hineingeboren bin, muss ich wohl sagen, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Und auch nach 10 Jahren macht das noch ganz schön Freude.

Ok, keine Dynastie, wo braust du dann deine Biere?

Meine Biere braue ich in Gut Forsting und beim Weißbräu Schwendl. Ich versuche, meine Biere nicht an die Brauerei anzupassen, sondern suche die Brauerei je nach Bierstil gezielt aus.

Erzähl etwas mehr zu deinem Werdegang. Was waren die großen Motivationsschübe, aber auch Stolpersteine?

Ian Pyle (Ratsherrn) und Richard Hodges (Berliner Berg), mit denen ich an der TUM Brauwesen studiert habe, haben mir damals IPAs und die ganze amerikanische Bierkultur gezeigt. Wir haben auch ziemlich viel in unseren Küchen gebraut und unsere Biere gegenseitig verkostet. Das war ganz schön gut (und teilweise auch ganz schön übel), und ich denke, dass damals die Grundlage für meine jetzigen Biere geschaffen wurde. Ebenso wichtig waren die zwei Jahren nach meinem Studium, die ich in der Schweiz in der Brauerei Huus Braui verbracht habe. Dort konnte ich sehr viel experimentieren und meiner Kreativität freien Lauf lassen. Danke an Walter Tobler an dieser Stelle für dein Vertrauen!

Was denkst du ist Craft? Besonders im deutschsprachigem Raum?

Ich befürchte, dass dieser Begriff viel zu facettenreich und individuell ist, um ihn hier angemessen zu beschreiben. Was meiner Meinung nach immer mit dabei sein sollte: Kreativität, Offenheit und gute Laune!

Wie kreierst du deine Biere? Auf was legst Du besonderen Wert?

Im Grunde mache ich das, was mir selbst am besten schmeckt. Ich versuche, meine Biere grundsätzlich einen Tick anders zu machen, schaue aber auch, dass sie am Ende gut trinkbar sind. Etwas fürs Herz und die Leber sozusagen.

Was war das abgefahrenste/verrückteste, was Du je trinken durftest?

Eine Brauerei, die mich nachhaltig beeindruckt hat ist Caulier 28 aus Belgien mit ihren  „Sugar Free by Nature“ Bieren. Die Biere werden über mehrere Wochen kalt gemaischt und nach der Flaschengärung zwei Jahre gelagert. Hammer!

Wie kann man den Konsumenten dazu bewegen, wieder mehr Geld für Bier auszugeben? Was würdest Du tun?

Da sind wir alle gefragt! Angefangen logischerweise beim Bier, über den Transport und Handel, bis hin zum Kunden selbst. Ein kreativer wie professioneller Brauprozess ist für die Wertigkeit der Biere ebenso wichtig wie eine angemessene Lagerung im Handel und das Wissen und die Leidenschaft der Verkäufer. Am Ende muss aber auch dem Kunden klar sein, dass er es nicht mit einem beliebigem Massenprodukt zu tun hat.

Wie definierst Du Qualität? Wie setzt du diese für dich bzw. deine Biere um?

Hochwertige Rohstoffe und deren großzügiger Einsatz, umfangreiches Know How und einen hohen Anspruch an die Hygiene im Betrieb.

Wo siehst du dich bzw. deine Produkte in 5 Jahren?

Ich versuche nie einem Masterplan hinterherzulaufen, sondern mich immer den Gegebenheiten anzupassen. Daher wäre eine derartige Prognose in meinem Fall ziemlich gewagt. Wenn ich allerdings einen Wunsch frei hätte, würde ich die eigene Brauerei innerhalb des Münchner Altstadtrings nehmen.

Die Brauerei würde ich auch nehmen! Gibt es „No-Gos“ für dich, die du in dieser Altstadtringbrauerei nicht machen würdest? 

Ich bin wirklich für Vieles zu begeistern. Biere, die zum Beispiel mit der Hefe aus dem Bauchnabel des Braumeisters vergoren wurden, finde ich allerdings ekelhaf. Oder diese isländische Brauerei, die ihr Bier mit Mehl vom Wal Hoden einbraut, das ist meiner Meinung nach moralisch verwerflich.

Wie wichtig findest du Craft-Bier Messen oder ähnliche Events? Ist euch der Kontakt zum Endkunden wichtig?

Super wichtig um genau zu sein. Das ist ja einer der großen Unterschiede zwischen uns und der Industrie. Wir stehen für unsere Biere grade und vor allem wissen die Leute, wer hinter den Bieren steckt.

 

Zum Schluss ein paar Fragen:

….Braukunst- oder Brauwissenschaft? Braukunst.

….Lieblingsbiersorte? Scheiße, das ist unfair! Ich mag alle Bierstile. Aber wenn ich mich unbedingt entscheiden muss, dann Irish Stout.

….Deine Inspirationsquelle bzw. Muse? Gute Laune.

….obergärig oder untergärig? Erst das eine, dann das andere bitte.

….Fass, Flasche oder Dose? Ich bin ein Flaschenkind.

…das schönste Biererlebnis? Der erste Rülpser nach meinem ersten IPA.

…Ich möchte einmal Biertrinken mit:  Dir! 

…für die Zukunft erhoffe ich mir mehr: Gegenwart.

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